Der Krampf mit den Venen
Seit einigen Jahren zählt eine Dame zu unseren Stammgästen, die schon in ihren 20ern erfahren musste, dass sich ererbte Venenprobleme nicht ignorieren lassen. Wir haben sie gebeten, ihre Erfahrungen zu schildern und ihre besten Tipps für den erfolgreichen Kampf gegen Varizen, Besenreiser und Co. mit uns – und Ihnen – zu teilen.
Ein Erfahrungsbericht
Jeden Morgen, noch ehe ich die Augen aufschlage, wünsche ich mir, dass jemand – egal wer – meine Füße und Waden massiert. Dieser Wunsch verfolgt mich schon seit Jahrzehnten, doch bis auf einen Kurzzeit-Lover, der das aus Demut tatsächlich gemacht hat, fand ich bisher nur bei meiner Shiatsu-Therapeutin ein offenes Ohr und willige Hände.
Der Krampf mit meinen Venenproblemen begann bereits, als ich 26 war. Noch ehe ich wusste, dass ein Baby in mir reifte, rissen mich fast jede Nacht Wadenkrämpfe aus dem Schlaf und ließen mich minutenlang auf einem Bein durchs Schlafzimmer hüpfen. Eines Morgens entdeckte ich eine Beule an der Hinterseite meines linken Beins. Blau, hässlich und pumpend ragte sie nur ein paar Finger breit über der Ferse aus meiner Wade. Hoffnungsvoll wartete ich ein paar Wochen, ob sie ebenso schnell verschwinden würde, wie sie gekommen war. Doch das passierte nicht. Meine Miniröcke, Shorts und schicken Kleider waren zu einem traurigen Schicksal im Schrank verurteilt, denn ich trug nur mehr Hosen. Letztendlich verlor ich die Geduld und suchte ärztlichen Rat. „Vererbung“ lautete das brutale Urteil meines Hausarztes, „Schwanger!“ war die ungleich erfreuliche Diagnose meiner Gynäkologin.
Schon ein paar Wochen nachdem meine Tochter zur Welt kam, beschloss ich, der unansehnlichen Vene den Garaus zu machen und konsultierte einen Spezialisten, der wenig charmant behauptete, so eine dicke Krampfader schon lange nicht an einer so jungen Frau gesehen zu haben. Kurz danach – meiner Privatversicherung sei Dank – lag ich zum Venen-Stripping bäuchlings auf einem Operationstisch, während mein Gott in Weiß sich mit Schwester Gerti über die neuesten Trends in der Gartengestaltung unterhielt und mir dabei die Venen mit einer schnalzenden Bewegung aus dem Fuß riss. Trotz lokaler Narkose in der Tat ein unvergessliches Erlebnis.
Eine Woche in einem biederen beigen Stützstrumpf später überzeugte sich der Arzt vom Erfolg der ambulanten Operation – der leider keiner war. Die Ader war fast genau so groß wie zuvor. Die nächste Maßnahme war die stationäre Aufnahme im Krankenhaus mit einer „richtigen“ Venenoperation. Mein erster krankheitsbedingter Spitalsaufenthalt. Ich teilte mein Zimmer mit einer weinerlichen alten Dame, deren Beine zu meinem Schrecken auch nach der O.P. noch wie eine Landkarte sämtlicher Alpenflüsse aussah und fürchtete den Moment, als mein Verband abgenommen wurde. Zum Glück war das Resultat diesmal besser. Das Bein war zwar noch etwas geschwollen, aber die dicke Vene war nun weg. Nicht so die Drohungen des Venenexperten, die lange in meinen Ohren nachhallten: "Achten Sie gut auf Ihre Beine, sonst sehen wir uns bald wieder!“
Fest entschlossen, so eine Tortur nicht noch einmal mitmachen zu müssen ging ich an die Recherche. Vererbung hin oder her – was konnte ich vorbeugend tun, um die Wiederkehr der langweiligen Hosentragerei zu verhindern? Erwartungsgemäß kam „mehr Eis essen!“ oder „möglichst ruhig halten!“ in keinem der Ratgeber vor, die ich in meiner Buchhandlung bestellt hatte. Doch einige der Venenprobleme Ratschläge befolge ich bis heute.